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The All In Experience: Zwei Deutsche und ihr Weg nach Chicago (Ausgabe #2: Do you feel it?)

31.08.18, von Benjamin "Cruncher" Jung

Willkommen in Chicago, „The Windy City“ – wir haben es geschafft! Nach einem anstrengenden Flug, der zunächst von Frankfurt nach Keflavik ging, haben wir Island tatsächlich nur sehr kurz bewundern dürfen und dies auch nur vorrangig aus dem Flugzeug. Nach unserer Landung mussten wir nämlich direkt zum nächsten Gate. Die Schlange war recht lang, doch wir kamen zügig durch die Kontrolle und konnten schließlich ohne Umschweife das nächste Flugzeug betreten.

Im Vorfeld hatte ich mit Max verabredet, den Fensterplatz von Frankfurt nach Island zu erhalten, während er auf dem knapp siebenstündigen Flug nach Chicago am Fenster sitzen wird und ich mit dem Mitteplatz vorlieb nehmen darf. Soweit so gut, ich hatte eine tolle Aussicht, während Max sich jedoch schwarz ärgerte, weil auf dem nächsten Flug das Fenster „versetzt“ war und er auf das weiße Nichts des Flugzeuges starren durfte. Ich hatte es allerdings nicht besser getroffen. Die Sitze waren recht eng und die sympathische Spanierin, welche sich neben mich gesetzt hatte, schlief recht schnell ein und legte sich seitlich in den Sitz, sodass ihr Gesäß im Dauerkontakt mit meinem Oberschenkel stand. Zusätzlich konnte ich auch kaum schlafen, sodass ich quasi sieben Stunden Max und der Spanierin dabei zusehen durfte, wie sie genüsslich, mit mir in der Mitte, in das Land der Träume abdrifteten. Ich habe mich derweil mit Musik und der Bryan & Vinny Show über Wasser gehalten, zwischenzeitlich zwei Wasser für umgerechnet vier Euro bestellt, weil ich fast dehydrierte und nach sieben quälenden Stunden und ein paar Turbulenzen stand der Landeanflug am Chicago O’Hare Airport an.

 

Ich würde es gerne in Worte fassen, was das für ein Gefühl gewesen ist. Just a small town boy livin‘ in a lonely world. Überwältigend, kaum zu glauben, ich war wirklich sprachlos, denn ich habe es wirklich geschafft, mit meinen zarten 21 Jahren endlich nach Amerika zu kommen. Zugegebenermaßen habe ich Amerika nie großartig idealisiert oder es als „meinen großen Traum“ betrachtet, obgleich ich schon immer ein großer Fan von Großstädten war und mich in Köln, Berlin, Hamburg oder Wien immer sehr wohl gefühlt habe. Aber Amerika ist nun mal eine andere Hausnummer, vor allem Chicago! Wir sind also gelandet, ausgestiegen und mussten zunächst auf einem Computer unsere Personalien samt Fingerabdrücke registrieren lassen, bevor wir dann persönlich nochmal „einchecken“ mussten. Die Polizeibeamtin fragte mich, was ich denn in Chicago wollen würde, was ich prompt mit Wrestling beantwortete. Sie schaute mich an, neigte ihren Kopf und gab mir dann das „Okay“, damit ich weitergehen durfte. Ich hielt Ausschau nach meinem Gepäck, sammelte es auf und nach einer halben Stunde standen wir außerhalb des Flughafens, bei 30 Grad und schwüler Wärme. Keine Zeit zum Durchschnaufen, denn die „Neureichen“ haben sich ein Mietwagen geholt. Ja, wir haben davon gesprochen, eigentlich kein Geld für diesen Trip zu haben. Und trotzdem haben wir es uns richtig gut gehen lassen, wie es auf Twitterdeutsch heißt (das meiste Geld ist übrigens geliehen. :D). Nachdem wir uns dann einen Mietwagen aussuchen durften (einen kuscheligen Ford Focus), habe ich vorher nach ewigen Stunden endlich meine erste Zigarette genießen können, meine erste Zigarette in Chicago, meine erste Zigarette in Amerika.

Die Aufregung brach nicht ab, denn ich setzte mich hinters Steuer und Max fungierte als Navigator, um uns zu unserem Hotel zu bringen. Zunächst brauchte ich einige Zeit, um die amerikanische Sim-Karte in mein Handy zu befördern, doch um 0 Uhr Ortszeit begann unsere Fahrt zum Hotel! Ich war unglaublich aufgeregt, meine Erfahrungen in Sachen Autofahren beschränkt sich auf ein paar Fahrten durch meinen Heimatort, da ich selbst kein Auto besitze. Ohne Umschweife ging es auf einen Interstate, 55 mph Geschwindigkeitslimit! Vollgas, Automatik regelt und nach 20 Minuten sind wir sicher und kaputt angekommen, schnappten unser Gepäck und checkten ein. Kurzzeitig war ich noch aufgedreht, rauchte schnell noch ein paar Kippen, bevor ich schlagartig müde wurde, ins Bett fiel und umgehend einschlief.
Bei unserer achttägigen Reise hatten wir die ersten drei Tage zur freien Verfügung, da die offizielle Convention „Starrcast“ erst am 30. August startete. Diese Zeit nutzten wir, um Chicago in seiner ganzen Schönheit kennenzulernen, in der Innenstadt herumzulaufen und die Energie der Stadt aufzusaugen. Von unserem Hotel in Schaumburg aus dauerte es ungefähr eine halbe bis ganze Stunde, bevor wir uns im Zentrum von Chicago befanden. Doch die Autofahrten sind bisher stets ein Erlebnis gewesen, nicht nur, weil der Verkehr hier sehr hoch ist und wir bereits mehrfach im Stau standen, sondern weil wir dadurch die verschiedensten Facetten der Stadt entdecken durften. Am ersten Tag haben wir uns zum Navy Pier begeben, das Riesenrad „Centennial Wheel“ war leider aufgrund des starken Windes geschlossen, aber wir haben es uns dann bei einer kühlenden Limonade im „Margaritaville“ gemütlich gemacht. Anschließend buchten wir eine Schiffstour, bei der wir die beeindruckenden Wolkenkratzer bei abendlicher Dämmerung bestaunen durften.

Die Parkkosten sind immer wieder ein Schock gewesen. Meist mussten wir zwischen 20 und 30 Dollar zahlen, unsere Kreditkarten sind bereits in den ersten Tagen heiß gelaufen. Den Millenium Park wollten wir am nächsten Tag besuchen, dieser war aber leider geschlossen, sodass wir uns einfach treiben ließen und durch die Innenstadt gelaufen sind. So wie in jeder großen Stadt, ist die Mischung aus Armut und Reichtum sehr, sehr hoch. Viele Bettler, die meist von den vorbeilaufenden Menschen nicht beachtet werden. Menschen, die mit zerrissenen Kleidern durch die Stadt streifen. Nebenher geht eine „Yoga-Mama“ an uns vorbei, die in diesem Moment genüsslich ihren dritten Bärlauch-Smoothie austrinkt. Nach einer großen Wanderung im „Betonjungle“ haben wir uns in einer Mall abgekühlt und eine Kleinigkeit gegessen, bevor wir uns auf den Rückweg gemacht haben. Besonders beeindruckend ist übrigens der John Hancock Tower, der mit 344 Metern Höhe zu den höchsten Gebäuden in Chicago gehört und den einzigartigen „Tilter“ besitzt. Was ist der Tilter? Diese verrückte Gerätschaft ist gewissermaßen ein „kippbares“ Fenster. Man stellt sich an die Fensterfront, hält sich an dem Rahmen fest und danach neigt sich das Fenster ein gutes Stück nach vorne. Ein unheimliches Erlebnis, da man direkt, aus der 94. Etage, über den Straßen von Chicago schwebt.

Abgesehen dieser beeindruckenden Gebäude, mussten wir im Vorfeld von „ALL IN“ und Starrcast unser Wrestling-Herz beglücken, indem wir dem Store von ProWrestlingTees einen Besuch abstatteten. Für uns als deutsche Fans fast schon unvorstellbar, ein Geschäft zu besuchen, was sich einzig und allein unserem geliebten Sport widmet. Der PWT-Store ist nicht sonderlich groß, bietet aber vor Ort Unmengen an T-Shirts an, allen voran natürlich vom Bullet Club. Aber auch nette Raritäten wie Bücher, Pins, Geldbörsen oder Autogramme lassen sich dort finden. Max und ich hatten fast Tränen in den Augen, so viel Auswahl, so viele einzigartige Designs! Am liebsten hätten wir uns komplett eingedeckt mit neuen Shirts, doch wir haben uns darauf geeinigt, lediglich eine Sache zu kaufen, weshalb ich mich sehr schnell für den „Bullet Club“ Regenschirm von Marty Scurll entschieden habe. Leseratte Max kaufte sich ein signiertes Buch von Jim Ross, sodass wir glücklich und zufrieden den Laden verließen. Der Verkäufer (vermutlich aufgrund unseres schlechten Englisch), fragte, woher wir kämen, was wir natürlich mit Deutschland beantworteten. Er kannte sogar westside Xtreme wrestling und natürlich WALTER, der in diesem Jahr endgültig seinen Durchbruch in Amerika geschafft hat. Es ist wirklich ein surreales Gefühl, weil Wrestling hier zur Normalität gehört, Leute in den Laden kommen, um ein wenig zu shoppen und dich nicht fragen, was „Pro-Wrestling“ eigentlich bedeutet. Zudem werden wir als deutsche Fans sehr freundlich behandelt, viele bewundern unsere Reisefreudigkeit und die Tatsache, dass wir extra für „ALL IN“ in die Staaten gekommen sind.

Die nächste Ausgabe unserer „All In Experience“ wird den zweiten Teil unserer Reise beleuchten, die ersten Meet & Greets bei Starrcast , sowie einen ausführlichen Bericht zu AAW „Destination Chicago“ beinhalten. Besagte Show werden wir am gestrigen Donnerstag besucht haben. Wie auch beim letzten Mal würden wir uns sehr über jegliche Anregung, Fragen, Kritik etc. freuen! Grüße vom „Bad Boy“ Nexus 3D!




7 Antworten auf „The All In Experience: Zwei Deutsche und ihr Weg nach Chicago (Ausgabe #2: Do you feel it?)“

Nelson sagt:

Warum gibt es denn keinen Tag zu ROH? Meiner Meinung ist All In eine geschickt promotete ROH Veranstaltung und die Fans lassen sich gerne trollen. Warum gehen diese 15000 Fans nicht zu einer Veranstaltung wo offensichtlich ROH drauf steht? Immer diese Smart Marks. Ich glaube das sind die dümmsten Fans, die es im Wrestling gibt. Sie stehen auf Matches, in denen sich die Athleten körperlich kaputt machen und wollen wenig Entertainment sehen, obwohl genau das Showkämpfe ausmacht.
Naja viel Spaß bei der gehyptesten „ROH“ Veranstaltung aller Zeiten. Irrelevant ist sie ja ohnehin vom „sportlichen“ Wert her.

Retenek sagt:

Das klingt alles so verdammt aufregend. 😀
Man spürt wahrlich deine Begeisterung, während man deinen Niederschrift liest.

@ Nelson:
Das ist ein Spaß Event für die Fans. Du Miesepeter. 😀
Und außerdem gibt es doch das Titelmatch Cody vs Nick Aldis um den NWA World Heavyweight Championship! Ten Pounds Of Gold! Also wenn das Irrelevant für das Pro-Wrestling ist, heiß ich James Elsworth. 😉

JME sagt:

@Nelson

Weil diese Show von Cody und den Bucks auf die Beine gestelltund promotet wird und eben nicht von Ring of Honor. Die drei stehen unter ROH Vertrag und es ist sicher hilfreich dass ROH seinen Segen gab, aber dennoch ist es keine ROH Show. ROH hat nicht für die Hallenmiete gezahlt, nicht für die Werbung, keinen Cent hat man da reingesteckt. Das Geld kommt aus den Taschen von Cody und den Bucks. Es ist genausowenig eine ROH-Show, wie Chris Jerichos Kreuzfahrt eine WWE Show ist.

Und welche Fans die „Dümmsten“ sind und was man als Entertainment ansieht, liegt im Auge des Betrachters. Was bedeutet für dich Entertainment? Unnatürliche gezeichnete Charaktere die von „a Series of Matches for a Championship Opportunity“ statt eines Tournaments sprechen, als wären sie Roboter? Oder Storylines die keinen Sinn machen und denen man nicht über 2 Monate Aufmerksamkeit schenken sollte, weil man sonst bestraft wird? Top-Babyfaces a la Roman Reigns, Braun Strowman und Charlotte Flair die in etwa so sympathisch wirken wie Kim Jong Un oder Donald Trump? „Entertainment“ ist ein sehr dehnbarer Begriff und bevor man andere als „dumm“ bezeichnet, sollte man immer vor der eigenen Haustür kehren, bevor jemand kommt und einem den eigenen Müll in den Flur schüttet.

Auch wenn es um körperlich kaputte Athleten geht: Denk an deine Worte, wenn das nächste Mal Jeff Hardy, Kevin Owens, Shane McMahon und Co. einen dämlichen kaum kontrollierbaren Stunt bringen, der nichts mit dem worken eines Wrestlingmatches zu tun hat, sondern nur die Dummheit voraussetzt, sowas wirklich zu machen, damit einige Idioten „This is Awesome“ grölen können. Oder wenn sich körperlich komplett fertig Kreise wie der Taker in den Ring schleppen, grauenhafte Matches worken, um danach wieder 6 Monate nicht ohne Schmerzen laufen zu können. Von der Verletzungsrate, die bei WWE um einiges höher ist als bei jeder anderen Promotions (Hast du dich schon mal gefragt, warum bei WWE so viele Verletzungen an den Rotatorenmanschetten auftreten und in den restlichen Promotions nicht?), fangen wir mal nicht an.

Holle sagt:

Ich finde deinen Schreibstil sehr mitnehmen. Die vielen kleinen Beobachtungen oder Details erzeugen das ein oder andere Bild vor meinen Augen. Ein wenig ein ‚Dabei-sein-Gefühl‘. Ich finde diese Art zu schreiben für dieses Format (Reiseblog?) Sehr gut und freue mich auf die nächsten Teile ?

PackagePiledriver sagt:

schade, dass Ihr das Institute of Arts nicht mitgenommen habt. Wäre ein cooler Kontrast gewesen und hätte euch GARANTIERT gefallen.

p.s.: Ich hoffe ihr habt an die Kippen gedacht 😉

Seppel sagt:

Fahrt mal ins Laschets Inn,

German Restaurant in Chicago.
Dort begrüßt euch der Bundesadler schon auf dem Werbeschild.
Dort könnt ihr erstmal ein paar Mettbrötchen mit Zwiebeln essen.

Ansonsten gilt in Amerika:

Chicago den Amis
New York den internationalen Touristen
Los Angeles den Außerirdischen

Und nicht den coolsten Mc Donald vergessen, haha

Raw777 sagt:

Sehr schöne Story freu mich auf die Fortsetzung 🙂

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